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Sozialer Aufstieg. Ihr Kind ließen sie im Heimatdorf. Es wuchs bei den Großeltern auf. Seine Frau sah Zhou Xian nur einmal die Woche, an seinem und ihrem einzigen freien Tag. So vergingen die Jahre. „Niemand ahnte, dass dieses Leben zum Dauerzustand werden würde“, sagt Zhou Xian. Rund 60Millionen Einwohner zählt das Perlflussdelta heute. Mehr als jeder Zweite ist zugezogen, die meisten als Wanderarbeiter. Viele von ihnen sind weitergewandert. Einige jedoch sind geblieben und sozial aufgestiegen. Viele einstige Wanderarbeiter haben sich selbstständig gemacht, Geschäfte gegründet, Geld verdient, sie können sich eigene Wohnungen und Autos kaufen. Heute wird die Zahl der Wanderarbeiter im Perlflussdelta auf rund zehn Millionen geschätzt. Tendenz weiter sinkend.

Mit viel Aufwand haben manche auch die städtische Haushaltsregistrierung erhalten, das Hukou, chinesisch für Aufenthaltsrecht. Es ist so begehrt, weil es Wanderarbeitern alle Stadtrechte zuerkennt – und auch das Gefühl, irgendwo angekommen zu sein.

Kein Zugang zu Schulen. Um den Strom der Massen, die vom Land in die Städte drängen, zu begrenzen, gibt es seit den frühen Fünfzigerjahren diese besondere Art der Wohnsitzkontrolle. Jeder Bürger ist einem bestimmten Ort zugeordnet. Deshalb hat er auch nur Anspruch auf die jeweiligen Leistungen, die an seinem Wohnort gewährt werden. Wer also in Guangzhou arbeitet, aber dort nicht registriert ist, bekommt auch nicht die Sozialleistungen, die für den gebürtigen Guangzhouer gelten. In der Stadt gehört dazu etwa der freie Zugang zu Schulen und Universitäten, aber auch Krankenversicherung, Altersvorsorge oder Anspruch auf sozialen Wohnungsbau. Bürger mit Land-Hukou genießen diese Privilegien nicht. Stattdessen werden ihnen Parzellen zugeteilt, die sie dann bebauen können.

Städte ohne Slums. Das Hukou-System hat zwar eine unkontrollierte Landflucht verhindert, wie sie in vielen anderen Entwicklungs- und Schwellenländern üblich ist. Slums, die einfach immer weiterwachsen, kennen chinesische Städte nicht. Zugleich aber hat das System zu den starken sozialen Unterschieden beigetragen, die zwischen der Stadt- und Landbevölkerung existieren. Wanderarbeiter waren in diesem System gar nicht vorgesehen.

Wang Yue hat es geschafft. Die 34-Jährige hat ein Hukou für Shenzhen. Von ihrem Wohnzimmer im 19.Stockwerk eines luxuriösen Apartmenthauses im Stadtteil Shekou aus blickt sie auf das Südchinesische Meer. Sie zeigt auf die Fähre, die Shekou mit der Finanzmetropole Hongkong verbindet. Jeden Morgen bringt sie ihre siebenjährige Tochter dorthin. Diese besucht eine internationale Schule in der ehemaligen britischen Kolonie. Sie soll einmal in Oxford oder Cambridge studieren, wünscht sich die Mutter.

Junge Mittelschicht. Die Zehnmillionenstadt Shenzhen ist inzwischen eine der wohlhabendsten Städte der Volksrepublik. Das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen liegt bei umgerechnet 1.000 Euro im Monat. Selbst ein einfacher Fabrikarbeiter verdient rund 350 Euro. Und wenn sich unter Shenzhens junger Mittelschicht keine ehemaligen Wanderarbeiter befinden, wer soll in dieser Stadt dann reich geworden sein?

Vor 30 Jahren war Shenzhen weitgehend unbewohnt. „Die Wanderarbeiter der ersten Generation haben den sozialen Aufstieg nur selten geschafft“, sagt Mao Yanhua von der renommierten Universität Sun Yatsen in Guangzhou. Sie haben ein Leben lang in den Fabriken und auf dem Bau geschuftet. Viele von ihnen sind heute noch arm. Der soziale Aufstieg vollziehe sich jedoch in der nachfolgenden Generation, schildert Mao.
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Heimkehrer. Für die verbliebenen Wanderarbeiterinnen und Wanderarbeiter wird das Leben im boomenden Süden zu teuer. Sie kehren zurück in ihre Heimatprovinzen. In Hunans Provinzhauptstadt Changsha etwa und auch in vielen kleineren Städten in der Wanderarbeiterprovinz herrscht ein Bauboom. Es entstehen Wohnungen für die vielen Rückkehrer.
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Als Zhou Xian vor fünf Jahren nach Zhongshan kam, um an Baustellen anzuheuern, hatte er gehofft, es werde seine letzte Station werden. Seine Frau starb vor drei Jahren an Lungenkrebs. Sein Sohn, inzwischen 29 Jahre, hat eine Anstellung in der Stadtverwaltung von Hunans Provinzhauptstadt Changsha gefunden. Auch eine neue Wohnung hat sein Sohn für seine Familie gekauft. Sein Vater soll dort mit einziehen. Er wäre dann kein Wanderarbeiter mehr.
Zhou Xian ist 55, er sieht aber aus, als sei er über 70. Wie fast jeden Abend sitzt er auf einer Parkbank am Rand eines großen Platzes in einer Siedlung mit Hunderten von fünfstöckigen Plattenbauten. Vor den Fenstern hängt an Stangen die Wäsche. Zhongshan heißt die Stadt, in der er gerade Arbeit gefunden hat. Zhou Xian schaut den Paaren zu, wie sie unter dem Licht der Laternen Cha-Cha-Cha, Walzer und Samba tanzen. Auf der anderen Seite üben sich Frauen im Gangnam Style des Sängers Psy, dessen Musik aus großen Lautsprechern dröhnt. Er habe kein Taktgefühl, sagt Zhou Xian und schaue deswegen nur zu. Hauptsache, Abwechslung.